Reeperbahn

Die Reeperbahn in Hamburg
Foto der Reeperbahn von Kai Pilger auf Unsplash.

Ach ja, die Reeperbahn. Einst berühmt-berüchtigt als „sündige Meile“ Hamburgs, hat in den letzten Jahrzehnten einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht. Wo früher Seeleute, Prostituierte und zwielichtige Gestalten das Bild prägten, ist heute ein pulsierendes Viertel mit einer vielfältigen Mischung aus Clubs, Bars, Restaurants, Theatern und Szeneläden zu finden. Aber der Ursprung der Reeperbahn hat mit Parties & Co. so gar nichts am Hut.

Der Name Reeperbahn: Ein geschichtlicher Einblick

Die Reeperbahn verdankt ihren Namen einem unscheinbaren, aber einstmals wichtigen Gewerbe: der Seilerei.

Im 17. und 18. Jahrhundert siedelten sich die Reepschläger, die lange Seile für die Schifffahrt auf der Elbe herstellten, am Rande der Hamburger Stadtbefestigung an. Die langen Bahnen, auf denen die Seile gedreht und geteert wurden, gaben der heutigen Reeperbahn ihren Namen.

Mit dem Niedergang der Segelschifffahrt verlor die Seilerei an Bedeutung. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Straße zwischen Endoklinik und den „Tanzenden Türmen“ zu einem Vergnügungsviertel mit zahlreichen Theatern, Tanzlokalen und Sehenswürdigkeiten.

Vom „Reep“ zum Vergnügungsviertel

In den 1960er Jahren erlebte der „Hamburg Kiez“ ihre Blütezeit als Rotlichtviertel. Die Beatles spielten in Clubs wie dem Star-Club und dem Indra, und die Reeperbahn avancierte zum Pilgerort für Fans aus aller Welt. In den folgenden Jahrzehnten prägten Zuhälter und Koberer das Straßenbild, und die Kriminalität war hoch.

„Ein Koberer ist ein Türsteher oder Portier, der Kunden von der Straße zum Besuch eines Amüsierlokals auffordert. Die dabei gewählte Form der Kundenansprache ist oft deftig bis obszön und häufig aggressiv.“

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Die Reeperbahn in Hamburg ist nicht nur für ihr pulsierendes Nachtleben berühmt, sondern auch für eine Vielzahl von Veranstaltungen, die das ganze Jahr über Besucher aus der ganzen Welt anziehen. Zu den Highlights gehört der „Santa Pauli“, Hamburgs bekanntester frivoler Weihnachtsmarkt, der jedes Jahr auf dem Spielbudenplatz stattfindet. Hier verschmelzen traditionelle Weihnachtsmarktstände mit einem Hauch von Rotlicht-Flair, einschließlich Live-Musik, Burlesque-Shows und einer einzigartigen Auswahl an Geschenkideen.

Ein weiteres bedeutendes Ereignis ist das Reeperbahn Festival, Europas größtes Clubfestival, das jedes Jahr im September stattfindet. Dieses Festival verwandelt die Reeperbahn in eine Bühne für neue Musik aus aller Welt. Über 600 Konzerte, Kunstausstellungen, Lesungen und Filmvorführungen werden in den zahlreichen Clubs, Bars und Theatern entlang der Meile präsentiert. Das Festival ist bekannt dafür, eine Plattform für aufstrebende Künstler zu sein und hat sich als bedeutender Treffpunkt für Musik- und Kunstschaffende aus der ganzen Welt etabliert.

Nicht zu vergessen sind die St. Pauli Nächte, die das ganze Jahr über stattfinden. Diese Veranstaltungsreihe bietet eine bunte Mischung aus lokaler Kultur, Musik und gastronomischen Erlebnissen. Besucher können durch nächtliche Märkte schlendern, an geführten Touren teilnehmen und die einzigartige Atmosphäre dieser lebendigen Hamburger Ecke erleben.

Hamburgs Kiez: Gentrifizierung und neue Herausforderungen

Seit den 1990er Jahren befindet sich die Reeperbahn im Wandel. Mit der Sanierung des Viertels und der Ansiedlung neuer Clubs und Restaurants begann ein Prozess der Gentrifizierung. Die Kriminalität sank, und die Reeperbahn entwickelte sich zu einem beliebten Ausgehviertel für Studenten und Touristen.

Diskussionen um die Zukunft der Reeperbahn

Der Wandel bringt jedoch auch neue Herausforderungen mit sich. Die Mieten steigen, und viele der traditionellen Clubs und Szeneläden sehen sich durch die Verdrängung bedroht. Aktuell tobt eine Debatte um die Zukunft des Molotow, eines der bekanntesten Clubs der Stadt, dessen Mietvertrag nicht verlängert wurde.

Die Polizeiwache auf der Reeperbahn

Die Davidwache, ein Wahrzeichen von St. Pauli, hat eine lange und interessante Geschichte. Dieses berühmte Polizeirevier befindet sich direkt an der Reeperbahn und wurde im Jahr 1840 errichtet, was es zu einem der ältesten aktiven Polizeireviere in Hamburg macht. Ursprünglich als kleines Wachhaus etabliert, wurde das Gebäude mehrmals renoviert und umgebaut, um den wachsenden Anforderungen der Polizeiarbeit gerecht zu werden. Die heutige Struktur, geprägt durch den Architekten Fritz Schumacher, wurde 1914 fertiggestellt und zeichnet sich durch barocke Elemente und wetterfeste Legionsköpfe aus, die die Fassade schmücken.

Die Davidwache hat nicht nur durch ihre Architektur, sondern auch durch ihre Präsenz in Film und Fernsehen Berühmtheit erlangt. Sie wurde besonders durch die 1960er Jahre TV-Serie „Polizeirevier Davidswache“ bekannt und dient weiterhin als Drehort für zahlreiche deutsche Krimiserien wie „Großstadtrevier“ und „Notruf Hafenkante“. Das Revier ist zuständig für weniger als einen Quadratkilometer, hat aber aufgrund seiner Lage an der Reeperbahn eine enorm hohe Besucherfrequenz und muss sich mit einer Vielzahl von Herausforderungen auseinandersetzen.

Die Davidwache ist nicht nur ein funktionales Polizeirevier, sondern auch ein symbolträchtiges Bauwerk, das die „gelebte Toleranz“ des Stadtteils St. Pauli repräsentiert. Hier arbeiten Polizisten direkt neben der Rotlichtszene, was die einzigartige Atmosphäre und sozialen Dynamiken dieses Viertels widerspiegelt. Über die Jahre hinweg hat die Davidwache zahlreiche Umbauten und Erweiterungen erfahren, zuletzt im Jahr 2005, um den modernen Anforderungen der Polizeiarbeit gerecht zu werden und ausreichend Platz für die Schutz- und Kriminalpolizei zu bieten.

Ein Kriegsschauplatz unter der Reeperbahn

Auf der bunten, lebhaften Reeperbahn, wo das Nachtleben niemals schläft und die Musik in den Bars und Clubs pulsiert, verbirgt sich unterhalb der sündigen Meile ein Ort, der still und unbewegt in der Zeit gefangen ist. Der Atombunker unter der Großen Freiheit, einst erbaut im Kalten Krieg als Zuflucht vor nuklearen Bedrohungen, liegt heute vergessen und verborgen unter dem Asphalt der Feiermeile.

Ein Labyrinth aus Beton und Stahl, das bis zu 2.300 Menschen Schutz bieten sollte, erzählt stumm von der Angst und Paranoia einer vergangenen Ära. Dieser „Lost Place“ zieht heute nicht nur Geschichtsinteressierte, sondern auch Abenteurer und Urban Explorer an.

Vor einigen Jahren übergab die Stadt Hamburg den Bunker am Reeperbahn-Bahnhof an die Deutsche Bahn.

Die Reeperbahn: Ein Spiegelbild der Gesellschaft

Die Reeperbahn war und ist immer ein Spiegelbild der Hamburger Gesellschaft. Sie ist ein Ort der Gegensätze, an dem sich Tradition und Moderne, Armut und Reichtum, Subkultur und Mainstream treffen. Die Diskussionen um die Zukunft der Reeperbahn zeigen, dass es keine einfache Antwort auf die Frage gibt, wie sich dieses geschichtsträchtige Viertel weiterentwickeln soll. Man kann aber davon ausgehen, dass auch hier die älteren Generationen sagen: „Früher war alles besser…“

Fakten zur Reeperbahn:

  • Länge der Reeperbahn

    Vom oberen Ende, am Heiligengeistfeld, bis zum unteren Ende, am Nobistor, hat sie eine Länge von 930 Metern.

  • Clubs und Bars

    Über 200 Clubs und Bars zählt die Reeperbahn. Neue kommen, Alte gehen. Zu den bekanntesten Clubs zählt u. a. der Starclub, das Top Ten, Molotow u.v.m.

  • Bucherzahlen

    Pro Jahr zieht es mehr 10 Mio. Besucher auf den Hamburger Kiez.

  • Drehort für viele TV- und Kino Produktionen

    Die Reeperbahn ist zudem Drehort für unzählige Filme und Fernsehserien, wie z. B. die Streaming Produktion Luden oder den NDR Klassiker Großstadtrevier.

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