Hamburgs Punkszene der 80er: Rocko Schamonis „Pudels Kern“
Mit seinem neuen Roman „Pudels Kern“ lädt Rocko Schamoni zu einer Zeitreise in das Hamburg der 80er Jahre ein – eine wilde Ära voller Musik, Exzesse und Selbstfindung. Der Autor und Musiker erzählt autobiografisch gefärbt von seinem Weg aus der Provinz in die pulsierende Szene St. Paulis, von seiner Suche nach Identität und seinem Aufstieg zum gefeierten Künstler. Für alle Exil-Hamburger und Liebhaber der Punkkultur bietet „Pudels Kern“ eine fesselnde Mischung aus Nostalgie und ehrlicher Reflexion.
Ein Rückblick auf eine wilde Zeit
Sommer 1986: Ein junger Mann verlässt die Enge seiner Heimat und zieht nach Hamburg, getrieben von dem Wunsch, Musiker zu werden und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Rocko Schamoni, damals noch unter seinem Geburtsnamen Tobias Albrecht bekannt, taucht in die Welt des Punks ein. Auf St. Pauli, dem Epizentrum der alternativen Kultur, findet er Gleichgesinnte und erlebt hautnah die Energie und den Wahnsinn dieser Szene.
Schamoni erzählt von den Begegnungen mit legendären Bands wie Die Ärzte, Die Toten Hosen und Einstürzende Neubauten. Diese persönlichen Erlebnisse und die Atmosphäre der Zeit fängt er in seinem Roman eindrucksvoll ein. Der Leser wird mitgenommen in die verrauchten Kellerclubs, erlebt die Nächte voller Musik, Alkohol und Selbstzerstörung.
Vom Dorfpunk zum Kultstar
Der Weg von Schamoni ist dabei keineswegs geradlinig. Er schildert schonungslos seine eigenen Höhen und Tiefen, die Kämpfe mit Depressionen und Selbstzweifeln. Diese Offenheit macht „Pudels Kern“ zu einem ebenso amüsanten wie tiefgründigen Leseerlebnis. Schamoni gelingt es, die Leichtigkeit und den Humor der Punkszene einzufangen, ohne die dunklen Seiten des Lebens als Musiker zu verschweigen.
Für Exil-Hamburger dürfte das Buch besonders spannend sein, da es nicht nur eine persönliche Geschichte erzählt, sondern auch ein lebendiges Bild des damaligen Hamburgs zeichnet. St. Pauli, noch nicht von der Gentrifizierung erfasst, wird zum Sehnsuchtsort für all jene, die sich an die wilde, ungezähmte Zeit erinnern möchten.
Zwischen Realität und Fiktion
Rocko Schamoni spielt in „Pudels Kern“ gekonnt mit den Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Viele Episoden basieren auf tatsächlichen Ereignissen, sind jedoch literarisch verfremdet. Diese Mischung aus autobiografischen Elementen und kreativer Überhöhung verleiht dem Buch eine besondere Tiefe und Vielschichtigkeit.
Schamoni beschreibt seine ersten musikalischen Gehversuche, die chaotischen Auftritte und die skurrilen Begebenheiten auf Tour. Dabei gelingt es ihm immer wieder, humorvolle Anekdoten mit nachdenklichen Reflexionen zu verbinden. Er zeigt sich als Meister der Selbstinszenierung, der seine Lebensgeschichte mit einer ordentlichen Portion Selbstironie erzählt.
Ein Buch für Musikliebhaber und Nostalgiker
„Pudels Kern“ ist nicht nur für Fans von Rocko Schamoni und seiner Musik ein Muss, sondern für alle, die sich für die Kultur und Geschichte der 80er Jahre interessieren. Das Buch ist eine Liebeserklärung an eine Zeit, in der alles möglich schien und das Leben in vollen Zügen genossen wurde.
Für Exil-Hamburger bietet „Pudels Kern“ die Möglichkeit, in Erinnerungen zu schwelgen und die eigene Jugend in Hamburg Revue passieren zu lassen. Es ist eine Hommage an eine Stadt, die sich seitdem stark verändert hat, und an eine Szene, die viele geprägt hat.
Fazit
Mit „Pudels Kern“ hat Rocko Schamoni ein Werk geschaffen, das sowohl unterhält als auch berührt. Seine ehrliche und humorvolle Erzählweise lässt den Leser tief in die Welt des Punks eintauchen und die Höhen und Tiefen des Künstlerlebens miterleben. Für alle, die Hamburg und seine subkulturelle Szene lieben, ist dieses Buch eine wahre Fundgrube an Erinnerungen und ein Stück lebendiger Zeitgeschichte.
Das Buch ist im Hanser Verlag erschienen und seit dem 15. April 2024 erhältlich. Wer sich für eine Lesung von Rocko Schamoni interessiert, findet auf der Verlagswebsite die aktuellen Termine. „Pudels Kern“ ist ein Buch, das man nicht nur lesen, sondern auch erleben sollte – eine Reise in die Vergangenheit, die viele Exil-Hamburger mit einem Lächeln und vielleicht auch einer Träne im Auge zurücklassen wird.